Heute leiden ca. 80% der Menschen an chronischen Krankheiten und sterben z.T. an deren Folgen. Angststörung geht häufig in chronischen Formen über. Angst ist ein Risikofaktor für weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen und /oder Medikamenten- und Alkoholabhängigkeit. Frauen sind doppelt so häufig an Angsterkrankungen (8,7%) als Männer (5,2%) betroffen. Das weist in gewissen Maßen auf ein stressigeres Leben von Frauen hin.
Menschen mit chronischen Erkrankungen wie z.B. Herz- oder Hirndurchblutungsstörungen oder Tumorleiden, leiden mehr an Angsterkrankungen als die Normalbevölkerung. Nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen zeigen viele Menschen eine deutliche psychische Entgleisung mit Angstentwicklung und panikartigen Zuständen, so dass sie dadurch kaum noch ruhig schlafen oder ihr Leben vernünftig gestalten können. Sie sind andauend mit den Krankheitsgedanken und Todesängsten beschäftigt. Sie verlieren dabei die Kontrolle über ihre Emotionen auch wenn sie ständig versuchen, etwas dagegen zu unternehmen. Patienten mit Atemwegserkrankungen leiden oft an Angststörungen. Bei Knappheit an Sauerstoff im Rahmen von COPD und das häufige Schnappen nach Luft kann den Laien den Weg zur Angstentwicklung verständlicher machen.
Für den Betroffen ist es unabdingbar zu lernen, nicht mit aller Gewalt den stetigen Kampf gegen die Angst zu führen. Die Akzeptanz von Grunderkrankungen und von Panik und Angst als Reaktionen auf eine körperlich-seelische Disharmonie ist eine wichtige Voraussetzung. Die ständige Kampfbereitschaft verbraucht unnötig ungeheuerliche Energie und bringt Körper und Geist an die Grenze des Machbaren. Stattdessen sollte diese Energie für den Aufbau von Bewältigungsstrategien und Resilienz benutzt werden. Von besonderer Bedeutung sind hier das Krankheitsverständnis und die Entwicklung von Entspannungstechniken, die helfen sollen, Lebenskrisen und Störungen gewaltfrei ohne Kampf zu begegnen. Nicht die Krankheit ist in erster Linie an meiner Situation schuld, sondern die Art und Weise, wie ich mit meiner Erkrankung zu Recht komme.
Die Akzeptanz einer Erkrankung als ein (Lebens-)Begleiter ist eine Notwendigkeit, um ein glückliches Leben trotz Beschwerden gestalten zu können. Die Akzeptanz der Erkrankung ist nicht mit der Selbstaufgabe gegenüber Erkrankungen und Krisen zu verstehen. Die Akzeptanz ist völlig anders als die Machtlosigkeitsentwicklung zu interpretieren. Die Akzeptanz ist die Stärkung der Selbstwirksamkeit. Diese Selbstwirksamkeit ist ausgerechnet die Kraft, die uns befähigt Elend und Schmerzen, Krankheitssymptome und Behinderungen und Lebenskrisen adäquat zu bewältigen, um trotz all dieser Schmerzen ein zuversichtliches Leben aufzubauen. Unter der Selbstwirksamkeit ist das stetige Streben von Lebewesen ihr Leben mit dem notwendigen Lebenswillen lebenswert zu entwickeln und zukunftsorientiert zu steuern. Somit kann das positive Denken immer wieder die Oberhand gewinnen. Negatives Denken bleibt eine Hilfestellung, damit wir uns überhaupt diesen gewünschten Weg zur Genesung und zum Optimismus schreiten zu können.
Ohne das Negative im Leben können wir das Positive im Leben nicht schätzen. Ohne Krankheit ist Gesundheit nicht vorstellbar.
Nicht der Kampf gegen eine Krankheit, sondern das Arrangement mit der Krankheit ist der Weg zur Heilung. Unsere Ressourcen werden gebündelt, um Energien für mehr Lebensfreude unter allen Umständen freizusetzen. Unsere Ressourcen sollen vermeiden, dass Energien in zusätzlichen Erkrankungen verbraucht werden. Krankheiten sind Tatsachen, die wir als Lebensbegleiter begreifen müssen. Erst dann wird ein gesünderes Leben realistisch. Wir Menschen sind für Krankheit schon vor unserer Geburt anfällig. Der erste empfundene Schmerz ist dem deutschen Philosophen Gadamer zufolge mit dem Geburtsschrei verbunden.
Krankheiten sind ein Teil von uns. Die Wissenschaft entwickelt, geschichtlich gesehen, immer neuere diagnostische und therapeutische Methoden, die uns vor Erkrankungen schützt oder uns ermöglich damit leben zu können. Wir müssen damit leben lernen. Damit leben zu lernen bedeutet mein Leben so zu gestalten, dass ich trotz des Elends Lebensfreude gewinne. Es gibt immer einen Sinn. Auch in jeder Krankheitsphase.
Die Medizin gibt uns Möglichkeit der Prävention, der Heilung und der Bewältigung. Die Pharmakologie und die Technologie bieten uns- zumindest aus heutiger Sicht- genügend Möglichkeiten unser Leben mit Störungen leben zu können. Wir brauchen uns nur das Ziel vor Auge zu führen. Wir wollen Krankheiten wie Herzinfarkte oder Ängste physisch und psychisch so beeinflussen, dass diese für uns akzeptabel (erträglich) sind.
Noch einmal. Diese Akzeptanz ist eine Voraussetzung. Auch die Krankheit hat ihren Sinn. Schon alleine den Schmerz durch die (eigene) Selbstwirksamkeit in unserem Sinne zu beeinflussen ist eine besondere Fähigkeit. Das ist die Kraft fürs Gelingen. Gadamer meinte, dass die größte Freude die Freude des Gelingens ist.
Naturprodukte, alternativmedizinische Handlungsweisen und der soziale Halt können den Prozess des Gelingens genauso gut unterstützen. Nicht die Methode allein ist für eine optimale Bewältigung entscheidend, sondern vor allem die Art und Weise, wie wir uns das Leben vorstellen.