Er galt vielen als das größte Genie seiner Zeit, andere hielten ihn für einen Scharlatan: Der Jesuit und Universalgelehrte Athanasius Kircher lehrte Ethik, Mathematik, Physik und orientalische Sprachen in Würzburg und Rom, erforschte Infektionskrankheiten und Hieroglyphen, verfasste medizinische und musiktheoretische Schriften – und seilte sich aus wissenschaftlicher Neugier sogar in den Krater eines brodelnden Vulkans ab. Es gab halt nichts zwischen Himmel und Erde, für das sich sich der deutsche Jesuit nicht interessierte. Der amerikanische Autor John Glassie widmete ihm 2012 eine Biografie unter dem Titel: „Der letzte Mann, der alles wusste.
Der Gelehrte aus Gelsa im Ulstertal nutzte als einer der ersten Wissenschaftler bereits im 17. Jahrhunderts ein Mikroskop zur Erforschung von Krankheiten – und identifizierte dabei „Würmchen“ als Pesterreger. In Rom befasste sich Athanasius Kircher ausgiebig mit der Entstehung von Malaria. Im Auswurf der Kranken fand der Zeitgenosse von Dr. Faustus mithilfe von Vergrößerungsgläsern Mikroorganismen, der als Ursache der Krankheiten ausmachte. Endgültig bewiesen werden konnte das allerdings erst rund 200 Jahre später durch den der Bakteriologen Alexander Yersin (1863-1943).
Zur Bekämpfung der Krankheiten schlug Kircher Abwehr- und Heilmaßnahmen vor, die zum Teil noch heute Gültigkeit haben. Dazu gehören Isolation, Quarantäne, Verbrennen der von Kranken getragenen Kleidung und benutzten Gegenstände, Ausräuchern der bewohnten Räume, Atemschutz durch Masken, diätetische Vorschriften oder Dampfbäder.
Erst im 20. Jahrhundert kamen Schutzimpfungen und wirksame Mittel wie Sulfonamide und Antibiotika dazu.
Kircher war aber nicht nur Naturwissenschaftler, Theologe und Musiktheoretiker: Er verfasste 44 Bücher und konstruierte unter anderem eine Pipeline aus Blei, eine Windharfe sowie einen Apparat, mit dem sich vierstimmige Tonsätze auf Grundlage vorgefertigter melodischer und rhythmischer Muster mechanisch komponieren ließen: eine Art erster Musik-Computer. Athanasius Kircher war seiner Zeit meilenweit voraus – und der erste Wissenschaftler, der sich durch den Verkauf seiner Bücher vollständig selbst finanzieren konnte. Nicht nur eine Schule in Fulda wurde nach ihm benannt: Sogar ein Mondkrater trägt seinen Namen.
„Alles ist durch geheime Knoten miteinander verbunden“
Athanasius Kircher
Biografie Am 2. Mai 1602 wurde Athanasius Kircher als jüngster Sohn einer Gelehrtenfamilie in Geisa geboren, von 1614 bis 1618 besuchte er das Jesuiten-Kollegium in benachbarten Fulda und trat danach in Paderborn dem Jesuitenorden bei. An der Academia Theodoriana studierte er Philosophie und Theologie und floh 1622 auf abenteuerliche Weise vor einrückenden protestantischen Truppen nach Köln. Später unterrichtete er in Heiligenstadt Mathematik, Hebräisch und Syrisch. 1628 wurde Athanasius Kircher Priester und im selben Jahr Professor für Mathematik und Ethik an der Universität Würzburg. Der Dreißigjährige Krieg vertrieb ihn an die Päpstliche Universität von Avignon in Frankreich. Von dort wurde er nach Rom an das Collegium Romanum berufen und lehrte Mathematik, Physik und orientalische Sprachen. Am 30. Oktober 1689 verstarb Athanasius Kircher in Rom. |