Falsche Körperhaltung und mangelnde Bewegung sind Ursache zahlreicher Erkrankungen. Sowohl körperlicher als auch seelischer Stress kann durch unzureichendes oder gar völlig fehlendes Bewusstsein für den eigenen Körper ausgelöst werden. „Wir kümmern uns mehr um die Symptome und zu wenig um die Ursachen“, sagt Werner Ittermann, staatl. gepr. Physiotherapeut.
Viele Menschen leiden heute an Rückenschmerzen, Hohlkreuz, Muskelverspannungen und anderen Beschwerden des Rückens. Durch ständiges Sitzen – zum Beispiel vor dem Computer – und verkrümmte Haltung ist es vielen nicht mehr möglich, den Rücken zu entspannen oder ihn ohne Einschränkungen zu bewegen. Schmerzen und Beschwerden sind meist Ergebnis von über Jahre hinweg praktizierender Fehlhaltung und Fehlbewegung. Von den Ärzten wird dann oft erwartet, dass sie die Probleme durch Medikamente oder Operationen lösen. Nur selten wird an die Ursache gerührt.
Andere Kulturen gehen anders damit um. In Asien zum Beispiel ist es ganz normal, gegen die verschiedensten Beschwerden mit körperlichen Übungen vorzugehen. Teilweise mit erstaunlichen Ergebnissen. Werner Ittermann ist sicher, dass sich ein Umdenken auch in den westlichen Ländern einstellen wird. „Stellen wir uns die Wirbelsäule wie einen Stapel Teller vor“, erklärt der Experte. „Verschieben wir einige davon, ist die Gefahr, dass der Stapel umkippt oder Teller beschädigt werden, grösser, als wenn sie ordentlich übereinander stehen. Die Wirbel sind wie Teller – wir müssen sie nur ordentlich übereinander stellen.“ Dabei dürfe eine gerade Wirbelsäule nicht mit einer steifen, starren und unbeweglichen Säule verwechselt werden. Ittermann: „Obwohl sie gerade gehalten werden kann, sollte sie beweglich und geschmeidig bleiben.“
Durch das Erlernen der konzentrierten Atmung und entsprechende Dehnungen gelingt es auf Dauer, Beweglichkeit und Körpergefühl zu steigern, meint der Physiotherapeut. So geht es entspannter und gelassener durch den Alltag.
Um die Beweglichkeit zu erhalten, sei Dehnen besonders wichtig, meint Ittermann. Einseitige Belastungen im Alltag und in der Freizeit können zu Erkrankungen der Gelenke und Atemwege, aber auch zu neurologischen Erkrankungen führen. Durch regelmäßiges Dehnen oder Gymnastik können Dysbalancen aufgehalten oder sogar ganz beseitigt werden. Dehnen bewirkt nicht nur die Verlängerung der Muskulatur, sondern auch der Sehnen, Bänder, Kapseln, Blut-, Nerven- und Meridianbahnen. Dehnen sollte wie Waschen und Zähneputzen in den Alltag integriert werden.
Den Körper stärken
Sie wissen intuitiv genau, was Sie brauchen oder was Ihnen nicht gut tut – aber manchmal vergessen Sie das einfach. Dann ist es gut, wenn Ihr Physiotherapeut Sie daran erinnert.
Zu wenig Bewegung geht zu Lasten unseren ganzen Körpers. Muskeln bauen sich schneller ab. Die Atmung bleibt flach. Gelenke verschleißen. Sie spüren irgendwann, dass Sie müde sind und immer weniger Kraft haben. Sie bekommen Schmerzen. Das verursacht Stress, die Muskeln spannen sich an – was bei vielen Menschen dazu führt, dass sie sich noch weniger bewegen. Muskeln verhärten, Sehnen und Bänder verkürzen sich. Eine Spirale nach unten. Wie wichtig entspannte und gut funktionierende Muskeln sind, zeigt sich anschaulich bei Darmproblemen oder anderen organischen Beschwerden. Ein angespannter Darm kann seine Aufgabe nicht richtig ausführen. Ein angespannter Nacken führt zu Kopfschmerzen und Durchblutungsstörungen. Folgen sind oft psychischer Stress (Burn-Out). Mit kleinen Änderungen im Alltag lassen sich große Wirkungen erzielen.
Der Physiotherapeut zeigt Ihnen, wie Sie mit einfachen Dehnübungen Ihren Körper stärken und die Beweglichkeit wieder herstellen. Sie fühlen sich wieder wohl, entspannt und den alltäglichen Herausforderungen gewachsen. Verspannte Nackenmuskulatur, schwere oder unruhige Beine, Probleme oder Beschwerden der Lendenwirbel, Verdauungsbeschwerden können je nach Ausprägung durch gezielte Dehnübungen gelindert oder sogar ganz beseitigt werden.
Mehrfaches Recken und Strecken über den Tag verteilt bewirkt, dass unsere Muskeln entspannen und die Atmung tiefer wird. Wir können das an unseren Haustieren beobachten, sie machen es nämlich intuitiv. Versuchen Sie es auch mal – und Sie werden merken, was es bewirkt.
Einfache Übung
Setzen Sie sich mit weit gespreizten Beinen auf eine Stuhlkante. Die Beine sollten hüftbreit auseinander stehen. Beugen Sie den Oberkörper aus der Hüfte heraus nach vorn und legen Sie ihn auf den Oberschenkeln ab. Halten Sie sich mit den Händen an den Knöcheln oder Stuhlbeinen fest und ziehen Sie den Oberkörper noch weiter nach vorn. Atmen Sie tief durch. Diese Übung entlastet die Lendenwirbelsäule und dehnt die untere Rückenmuskulatur.
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