Ein neuer Vertriebsleiter wird eingestellt. Herr Nett ist eine gutaussehende Persönlichkeit. Er ist hervorragend gekleidet, sein Aftershave ist auf der ganzen Etage zu riechen, seine Körperhaltung und sein Gang haben etwas Aristokratisches an sich. Wenn er lächelt gewinnt er Menschen, er ist charmant und fleißig und er weiß Mitmenschen für sich einzunehmen.
Herr Nett ist aber durchaus nicht nett.
Herr Nett nutzt seinen Kreis der Mitarbeiter die Ihm bedingungslos gehorchen und hart für Ihn arbeiten um andere Kollegen schlecht zu machen. Auf seiner Geburtstagsfeier zu der er alle Mitarbeiter eingeladen hat, hat er seinen großen Auftritt. Ein großzügiges Buffet schmückt sein Büro. Herr Nett nutzt die Gelegenheit seinen Mitarbeiter „Herr Anders“ vor allen Kollegen lächerlich zu machen: „Herr Anders, Ihr Projekt war nicht besonders erfolgsversprechend, wann darf ich denn damit rechnen von Ihnen etwas Brauchbares zu bekommen?“ „Schön wäre auch diesmal, wenn Sie Ihre Rechtschreibprobleme besser in den Griff bekommen könnten.“
Herr Anders verlässt verletzt, mit zitternden Lippen und hochrotem Kopf den Raum.
Herr Nett nutzt diese Gelegenheit um sich weiter über Herrn Anders lustig zu machen und ihn zu verleumden. Jeder der Anwesenden weiß, ich kann der nächste sein wenn ich mich dem „großen Meister“ wiedersetze.
Herr Anders ist ein sehr fleißiger, eigenwilliger Mitarbeiter der sich von Herrn Nett nicht einwickeln lässt.
Herr Nett hat Herrn Anders Wortwörtlich den Krieg erklärt: „Entweder Du machst was ich wünsche oder ich vernichte Dich.“
Herr Anders versucht sich zu wehren, er versucht Verbündete im Unternehmen zu finden, leider ohne Erfolg. Herr Anders sucht in seiner Verzweiflung das Gespräch mit dem Firmeninhaber. Auch dieses Gespräch blieb ohne Erfolg. Der Firmeninhaber machte Ihm klar, dass Herr Nett ein überaus wichtiger, erfolgreicher Teil seines Unternehmens sei und wenn er sich nicht mit der Arbeitssituation anfreunden könnte, müsste er leider die Konsequenzen ziehen.
Herr Anders erduldete die Schikanen seines Vorgesetzten, arbeitete immer zurückgezogener, wurde immer wortkarger, seine Ehe litt darunter und ging in die Brüche.
Im Februar 2017, kam Herr Anders nicht zur Arbeit – Die Polizei hat dem Firmeninhaber die Todesnachricht überbracht.
Der niederländische Managementberater und Psychoanalytiker Manfred Kets de Vries hat den Narzissmus mit dem Streben nach einer Führungsposition in Zusammenhang gebracht. In zahlreichen Forschungsarbeiten wurde herausgearbeitet das Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsausrichtung häufig in Führungspositionen zu finden sind. Das Streben nach Macht, Einfluss und Bewunderung treibt sie stetig an. Ihr geringes Selbstwertgefühl überspielen sie durch Machtgehabe und Selbstherrlichkeit. Der Narzisst möchte stetig bewundert werden und Konkurrenten werden erbarmungslos bekämpft. Andere Menschen und deren Gefühle interessieren ihn absolut nicht. Einfühlungsvermögen ist ein Fremdwort für den Narzissten, Mitgefühl und Empathie kennt er nicht. Andere Menschen sind nur dazu da ihn zu bewundern oder von ihm benutzt zu werden. Selbstverständlich leistet der Narzisst auch außergewöhnliches, er steckt seine ganze Energie in seine Aufgaben um diese erfolgreich abzuschließen. Fast jedes Mittel ist ihm recht. Nicht jede Narzisstische Persönlichkeitstendenz ist gleich stark ausgeprägt. So ist eine leichte Narzisstische Führung auch in vielen Bereichen hilfreich. Der innere Abstand macht es leichter seinen Mitarbeitern Unmögliches abzuverlangen oder Leid, Krankheit des anderen zu übersehen. Nur der Erfolg zählt und für diesen Erfolg ist er bereit andere zu stärken und anzuspornen. Eine starke Narzisstische Ausprägung kann sehr schädlich für ein Unternehmen sein. Er“ nutzt“ Menschen ohne Rücksicht auf Verluste. Entweder man unterwirft sich seinen Forderungen oder man wird vernichtet. Gerade zu Zeiten eines zunehmenden Fachkräfteengpasses ist es sehr wichtig gute Mitarbeiter bei der „Stange“ zu halten. Es entsteht somit nicht nur ein demoralisierender Effekt unter den Mitarbeitern, sondern auch ein enormer Kostenfaktor für das Unternehmen. Führungskräfte transportieren Werte und sind Vorbilder im Sinne der Unternehmenskultur. Zeichen guter Führung sind Wertschätzung, Transparenz und Authentizität. Von diesen Werten ist der Narzisstische Vorgesetzte weit entfernt. Es genügt schon, ihm nicht genügend Ehrerbietung zu zeigen, um ihn gegen sich aufzubringen. Destruktiver Narzissmus ist zerstörerisch. Mitarbeiter verlieren Vertrauen. Demütigen, Beleidigungen, Abwertungen gehen an die eigene Substanz- das eigene Selbstbewusstsein wird beschädigt, die Gesundheit wird gefährdet. |
Author: Betriebspsychologin Andrea Massing