Führung, Politische Führung und das Mitgefühl
Wir sehen die Katstrophe einer schlechten Führung kommen. Trotzdem verschließen viele von uns Augen zu, schauen dem blinden Fleck folgend nur noch fokussiert und bilden alles was lateral liegen könnte komplett aus. Manche von uns folgen ihren Instinkten und glauben aus ihrer Perspektive gesehen, an das Gute im Menschen. Sie kommen zu der festen Überzeugung, dass ausgerechnet die von ihnen gewählte Führung die einzig Ehrliche, konsequente, vertrauensbildende, unbeirrbare, die Nation liebende und väterlich-mütterlich nährende ist, die auch kritisch, durchsetzungsfähig und wachsam den vermeintlichen Feind die Stirn bieten kann. Es wird alles nur aus einer Perspektive betrachtet – die Eigene!
Was bringt Menschen dazu bedingungslos Anderen zu folgen und sich fast ausschließlich auf ihre Intuition zu verlassen ohne ein bewusstes Denken zu aktivieren? Warum folgen diese Menschen ihren Instinkten, die sicherlich einen unverzichtbaren evolutionären Charakter besitzen und schalten kognitive Prozesse weitestgehend aus?
Misstrauen ist ein Empfinden, das Menschen vor Risiken bewahren kann. Es ist in uns intuitiv herstellbar aber als Denkanstoß dienlich. Misstrauen hat zum einen einen schützenden Effekt aber zum anderen die Neigung sich paranoisch zu entwickeln. Eine kurze Misstrauenshaltung kann uns bewahren Gefahren zu umgehen. Ein langanhaltendes Misstrauensgefühl bewirkt dagegen eine Blockade des Denkens eines sonst Vernunftbegabten.
Misstrauen hat zwar einen schützenden Effekt auf das Ego, kann aber das Selbst verändern und die Sicht der Dinge auch massiv beengen und verzerren.
Das Misstrauen wird von besonders egoistisch machtmotivierten Führungspersönlichkeiten als Joker auf eine Karte gesetzt. Es wird manipulativ versucht bei Menschen die Misstrauenshaltung zu wecken und dauerhaft einzupflanzen.
Eine lauernde Gefahr wird inszeniert. Alternativfakte sind diesbezüglich hilfreich; denn diese liefern Argumente zur Glaubwürdigkeit. Manipulative Botschaften sind Geschmacksverstärker für die Misstrauensgunst. Das Misstrauen wird zu einer Sucht, der „Feind“ lauert überall. Der Feind wird nicht unbedingt definiert, kann auch abstrakt als dunkle Mächte wahrgenommen, die sogar eigene selbstgeführte Systeme unterwandern. Die scheinbaren Argumentationen verstärken das Misstrauen bleiben aber trotzdem meist abstrakt und werden nicht mit rechtsstattlichem Verständnis untermauert. Es wird pauschalisiert und verallgemeinert beurteilt. Es müssen keine Fakten vorliegen. Alleine Behauptungen sind zulässig. In Viele wird diese lauernde Gefahr implementiert, dass eine Gruppen- bis zur Volksparanoia spürbar wird.
Wer kommt denn als Retter in diesem Fall in Frage? Wer ist der Beschützer der das vermeintliche Böse überwachen kann. Es wird bald klar definiert. Das ist die Persönlichkeit, die das Misstrauen massenpsychologisch verankert und beschwört, sodass Misstrauen als ein Symbol von Klugheitsnormen verkauft wird und alles andere begründet.
Es begründet die gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen oder Gruppierungen, Repressionen gegen nicht Gefolgschaft, Verhaftungen von nicht Gleichgesinnten, Töten von Einzelnen oder den totalen Krieg.
Was vom normal menschlichem abweicht ist das Mitgefühl. Denn ein Mitgefühl mit dem „Erzfeind“ wird als ein gravierender Fehler vermittelt und als ein Schwächefaktor bezeichnet. Denn Mitgefühl ist die Barmherzigkeit, die vom vermeintlichen Erzfeind oder in plural dem Feinde zu Übermut verhelfen könnte. Diese Barmherzigkeit wird somit als Dummheit deklariert. Nicht die Menschlichkeit, sondern nur die Grausamkeit und Erbarmungslosigkeit werden als die einzig denkbare Antwort auf das vermeintlich Böse und auf die vermeintliche Grausamkeit verkauft.
Nicht der Mensch zählt, nur die Idee der autokratischen Führungsriege! Die Idee von der Erlösung. Wer würde sich für diese vermeintliche Erlösung als geeignet gepriesen? Wer wird sogar als Erlöser inszeniert? Wer wird dafür sogar vom Gott geschaffen? Wer wird erwählt?
Die Antwort wird als überflüssig wahrgenommen. Denn ausgerechnet diese, die für die kognitive Misstrauensgunst verantwortliche Persönlichkeit mit ihrer Idee, wird zum Schein als Antwort auf alle gesellschaftlichen Problemen und als die inspirierende Kraft in den vermeintlich dunklen Zeiten erlebt. Diese Persönlichkeit, die den Gegnern nicht nur politisch, sondern auch substanziell angreift, wird als der Retter dargestellt.
Diese Persönlichkeiten, die den Hauch vom Mitgefühl vermissen lassen, werden von manchen irrtümlich als das nährende Über-Ich wahrgenommen. Egoisten werden zu Volkshelden und echte Helden füllen die Gefängnisse. Menschen werden herabgewürdigt, Gegner zu Geisteskranken deklariert, Mediziner entlassen oder mit ihren Patienten umgebracht. Gesundheitspolitisch hat das eine weitreichende Dimension.