Als Kind wurde die jetzt 18 jährige Abiturientin Julia unzählige Male von ihrem Vater, teilweise brutal verprügelt. Sie hatte Angst von der Schule nach Hause zu gehen. Ihr Vater war als Kind selber ein Opfer von Brutalität. Seine Kindheit zeichnete sich durch Schläge und Entbehrungen aus. Das Mädchen entwickelte bereits Monate nach den ersten erlebten Schlägen massive depressive Symptome, Selbstmordgedanken und Ruckzugsverhalten. Sie konnte nie abschalten und war ständig damit beschäftigt ihre Gewalterlebnisse vor Augen zu haben. Sie hatte dadurch schwere Alpträume. Der Begriff „Flashbacks“ wurde sogar von der Patientin als Erlebtes verwendet. Bewundernswert ist die Tatsache, dass sie trotz ihrer schweren Entwicklung, eine hervorragende Schülerin ist.
Sie leidet unter Erinnerungslücken, so dass sie sich nur lückenhaft an die traumatische Ereignisse erinnern kann. Sie fühle in dieser Welt nicht zugehörig. Sie erlebt sich sehr verändert und fühlt sich deprimiert. Alles was sie an den Vater erinnert, versucht sie zu vermeiden. Denn diese Gedanken beeinflussen ihr Wohlbefinden negativ. Sie nimmt Umwege in Kauf um Begegnungen mit dem Elternhaus zu vermeiden. Denn sie kann ihre Erinnerungen an die erlebte Gewalt nicht kontrollieren. Sie kann sich gegen das Wiedererleben und das Wiedererinnern der Traumata nicht wehren. Sie vermeidet alle Reize, die in Verbindung mit der Traumatisierung assoziiert werden. Sie ist psychisch und körperlich unruhig, schnell gereizt und angespannt-schreckhaft. Sie leidet unter Konzentrationsschwierigkeiten und ängstliche körperbezogene Symptome wie Herzklopfen und vermehrtem Schwitzen. Schlafstörungen treten episodisch in ausgeprägter Form auf. Sie fühlt sich unfähig zu entspannen bei Gefühlen von Wut und Verärgerung. Sie erwartet von ihrer Zukunft keinerlei erfreuliche Entwicklung. Sie verliert zunehmend zärtliche und liebevolle Gefühle für andere. Sie verlor das Vertrauen zu allen Menschen. Sie fühlt sich allein gelassen. Sie zog es vor mit 13 Jahren ins Jugendheim umzuziehen, um der Gewalt zu entfliehen. Eine Welt ist für sie zusammengebrochen.
Die posttraumatische Belastungsstörung der jungen Frau ist eine nicht so seltene Erkrankung, die nach schweren extern verursachten belastenden Situationen und Konflikten sowie nach starken seelischen und körperlichen Traumen auftreten kann. Traumatisierende Ereignisse müssen Wochen bis Monate vor einer schweren Reaktion auftreten. Mehr als 5% der Bevölkerung leiden unter diesen schweren Belastungsstörungen. Das Trauma wird im Nachhall immer wieder in Erinnerung, im so genannten „Flashback“, gebracht. Nach akuten Reaktionen können auch chronische Entwicklungen wie bei Julia auftreten. Betroffene erleben dieses traumatische Ereignis immer wieder. Die Ursache ist von dem wohl bekanntesten Psychoanalytiker Sigmund Freud als „der Durchbruch des Reizschutzes“ beschrieben. Die Überflutung von Traumainformationen bringen den Damm zum brechen.
Wichtig sind die schnelle medizinische Intervention und ein unterstützendes soziales Netzwerk mit einer ausdrücklich menschlichen Anteilnahme. Das verstärkt das Selbstwertgefühl und lässt Betroffene ihre Selbstachtung wieder gewinnen. Das Verständnis, dass Menschen auf solche unnormalen Ereignisse so heftig reagieren, verhilft ihnen ihre Bewältigungsstrategien zu stärken.
Traumafokussierte verhaltenstherapeutische Sitzungen sind wirksam. Die kognitive Verhaltenstherapie, die Verhaltenstherapie nach Foa und die EMDR-Therapie haben in Studien ihre Wirksamkeit bewiesen. Die Konfrontation und die kognitive Bearbeitung des Erlebten können Beschwerden lindern und zur Heilung verhelfen. Psychopharmaka können Beschwerden schneller lindern.
Dank Julias Mitarbeit und ihrer konsequenten Haltung gegenüber der angebotenen medizinischen und sozialen Maßnahmen, konnte sie große Fortschritte machen, ihr Studium und Lebensweg planen.