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Patient ist König – „Stress in der Medizin“

Achtung: Stress in der Medizin hat fatale Folge

Eine Zunahme der Arbeitsverdichtung im Gesundheitswesen ist nicht zu unterschätzen. Ärzte, Krankenschwestern, Pflegepersonal und sonstige im Gesundheitssektor mitwirkende Berufszweige kommen phasenweise oder sogar dauerhaft an ihren Grenzen. Die Ursachen sind vielfältig. Die Ökonomisierung im Gesundheitswesen mit bereits etablierter Priorisierung der betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte beeinflusst das medizinische Handeln. Die betriebswirtschaftlichen Aspekte scheinen im Medizinbetrieb unausweichlich zu sein, um den ökonomischen Druck auszugleichen.

Ärzte haben eine hohe Verantwortung und müssen lebenswichtige Entscheidungen unter Zeitdruck treffen. Diese Entscheidungen erfordern eine präzise Einholung von Informationen über den Patienten selbst und seine Untersuchungsbefunde, wie Laborwerte etc. Das Einholen von Zusatzinformationen erfordert ein großes Geschick in der logistischen Koordination, die zum größten Teil in der Verantwortung des ärztlichen Personals liegt, mit einem zusätzlichen und nicht zu unterschätzenden Zeitinvestment.

Gut Informierte und Menschen mit verantwortlicher Selbstsorge oder Überbesorgte füllen die Warteräume von Arztpraxen und Kliniken. Die Terminplaner sind dadurch dicht besiedelt, so dass Wartezeiten auf einen ersehnten Termin länger werden.

Penible bis zwanghaft strukturierte Persönlichkeiten und Persönlichkeitsstrukturen mit Tendenz zum Workaholic können den persönlichen Faktor der Arbeitsverdichtung negativer beeinflussen.

In Krankenhäusern können etablierte Hierarchiestrukturen und ein defizitäres Führungsverhalten die Teambindung und die interkollegiale Zusammenarbeit in ein negatives Feld rücken lassen, so dass daraus Mobbing, Konflikte, Arbeits- und Klienten Unzufriedenheit resultieren. Diese tragen zu noch mehr Arbeitsverdichtung bei. Menschen leiden allgemein bei negativ behafteten Stresssituationen unter Konzentrations- und Aufnahmefähigkeitsstörungen, dies kann zu einer vermehrten gedanklichen Beschäftigung mit der Thematik führen. Diese verstärken Ängste vor Fehlern wirken sich negativ auf das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters aus.

In gestörten Arbeitsgestaltungsverhältnissen sind Anerkennung und Wertschätzung der Mitarbeiter mangelhaft und werden durch stetige verbal und non-verbal kritische Bemerkungen noch gesteigert. Die Folgen sind gravierend. Misserfolg vermeidende Verhaltensweisen nehmen unter solchen Arbeitsbedingungen zu. Dagegen nimmt eine Erfolgshaltung hinsichtlich der eigenen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeit eher ab. Diese, die für den Beziehungsaufbau zum Patienten erforderliche Erfolgshaltung wird mit der Begrifflichkeit der Instrumentalität nach Vroom definiert. Ausgerechnet diese Instrumentalität ist das, was die Patienten in der Arzt-Patienten-Beziehung eindeutig wahrnehmen. Diese entscheiden unter anderem an den Glauben an die fachlichen Kompetenzen des einzelnen Therapeuten oder des therapeutischen Teams und an die Effizienz der vorgeschlagenen Therapien. Dieser durch die wahrgenommene Instrumentalität verinnerlichte Glaube an die Therapie, ist ein unabdingbares Instrumentarium zur Befestigung von Placebo-Effekten und Minimierung von Nocebo-Effekten bei Patienten. Der umgekehrte Fall wirkt auf die Therapieerfolge destruktiv mit weniger Therapietreue. Somit erklärt sich die Begrifflichkeit der Adhärenz, die erheblich durch die Beziehungsgestaltung in der Medizin beeinflusst wird. Der interkollegiale Rahmen im Gesundheitswesen und die Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung sind interagierende und maßgebende Faktoren, die über die Fähigkeit zur Adhärenz-Optimierung entscheiden können. Eine mangelnde Adhärenz (Therapietreue) ist mit einem therapeutischen Misserfolg assoziiert. Der Ausgang des therapeutischen Bemühens ist nicht nur für den Hilfesuchenden von großer Bedeutung, sondern beeinflusst die Lebensqualität der behandelnden Ärzte. Diese nennen vorwiegend humanistische Motive zum Medizinstudium. Der Soll-Zustand soll die Patientenzufriedenheit sein. Unzufriedenheit der Schutzbefohlenen, als ein eventueller Ist-Zustand, geht mit einer deutlichen Dissonanz einher. Dieser innere Spannungszustand sucht den Ausgleich. Menschen neigen entweder zur Flucht oder greifen an. Im Gesundheitswesen bedeuten dies, entweder das Rückzugsverhalten mit Abschiedstendenzen vom Idealismus bis zum extremen Grad des Zynismus oder den rauen Ton in der Kommunikation mit forcierten Arbeitskonflikten. Die Arbeitskonflikte haben ihre Auswirkungen interkollegial oder zwischen Arzt und Patienten. Der damit nicht zu erreichende Soll-Zustand verstärkt das Resignationsverhalten bei Ärzten und ihren Patienten und somit auch die Gesundheit der beiden Akteure.

Der idealistische Soll-Zustand ist eine dringende Arbeitsgestaltungsmaßnahme zur Verbesserung der Arzt-Gesundheit. Die Ärzte definieren ihre Berufszufriedenheit mit ihrer Patientenzufriedenheit und gleichzeitig ihre Lebenszufriedenheit mit ihrer Berufszufriedenheit. Eine Lebensunzufriedenheit kann nie gesundheitsfördernd wirken. Eine Lebenszufriedenheit ist dagegen erfolgsoptimierend und gesundheitsfördernd. Erfolgserlebnisse verstärken Gefühle des Erfolgssuchens und der Glaube an sich selbst, was wiederum die Instrumentalität als Erfolgshaltung widerspiegelt mit den positiven Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten. Die Interdependenz zwischen der Lebenszufriedenheit von Ärzten und deren Patienten erklärt die Unabdingbarkeit einer optimalen Arzt-Patienten-Beziehung.

Die Auswirkungen von sozialen Konflikten im Gesundheitswesen haben einen enormen Einfluss auf die Gesundheit aller Beteiligten im Gesundheitswesen. Der interkollegiale Zusammenhalt, das Vermeiden von Mobbing und Ausgrenzung, Teambuilding-Maßnahmen, der Abbau von unnötigen und nicht adäquat agierenden Hierarchiestrukturen, die Optimierung vom Führungsverhalten, die Anerkennung der Verdienste von Mitarbeitern mit Lob und Minimierung des Neideffektes und eine wertschätzende Gesprächsführung bei kritischen Auseinandersetzungen, sind wichtige Instrumente um den inneren Frieden im Team zu gewährleisten. Diese Team-Harmonie ist wiederum ein notwendiges Instrumentarium für eine optimierte Arzt-Patienten-Bindung, die gleichermaßen bei Patienten und Ärzten zu einer verbesserte Lebensqualität beitragen kann.

Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit ist auch im Gesundheitswesen unbestritten. Zu bestreiten ist dagegen ihre Priorisierung in diesem hochsensiblen Segment und die absolute Ökonomisierung des Gesundheitsbetriebes, so dass den Ärzten von vornherein die Möglichkeiten zur Idealisierung entzogen werden kann. Die Rückbesinnung auf die Ur-Motive der Mediziner und auf die medizinische Mission erfordern die Priorisierungsbalancen stetig zu hinterfragen und so zu optimieren, dass Ärzte und Medizinpersonal nur den Zweck der Medizin verinnerlichen können ohne die ökonomischen Bedingtheiten ignorieren zu müssen.

Das Idealisierungsklima hat den zusätzlichen Effekt der sozialen Wirksamkeit als Aushängeschild mit Verbesserung der sozialen Wahrnehmung und stärkt das Vertrauen im Speziellen in die Institution und im Allgemeinen in die Medizin. Diese soziale Anerkennung stabilisiert das Selbstvertrauen des einzelnen Mitarbeiters und der gesamten medizinischen Institution.

Die Verflochtenheit zwischen diesen verschiedenen Aspekten der Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor zeigt deren Einfluss auf die Gesundheit der Patienten und auf das Wohlbefinden des Medizinpersonals. Alle diese Aspekte agieren gemeinsam und beeinflussen im großen Ausmaße die Beziehung zwischen Arzt und Patient.

Die Arzt-Patient-Beziehung scheint hiermit als Selbstzweck der eminenten Arbeitsgestaltungsmaßnahme zu sein. Diese Beziehungsgestaltung beeinflusst die Gesundheit von Ärzten und Patienten. Die Gesundheit der beiden Akteure kann die anderen Aspekte der Arbeitsgestaltung massiv beeinflussen. Auch alle anderen Faktoren sind mit dieser systemischen und individuell unverwechselbaren Beziehung interdependent.

Nicht die Arbeitsverdichtung alleine, sondern die gestörte Beziehungsgestaltung, ist für die Problematik verantwortlich. Mit positivem Stress können die vorwiegend leistungsmotivierten Mediziner gut umgehen. Schon vereinzelte kommunikative Störungen mit den Patienten laufen den Ärzten für eine lange Zeit „über die Decke“ und wirken als negativer Stress, überbeanspruchend und überfordernd mit tendenzieller Burnout-Entwicklung mit den negativen systemischen Folgen.

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